Werries im Wandel der Jahrhunderte. Band 1
Erst im Frühjahr 1914 hatte ihr Drängen Erfolg. Das Konsistorium, wie damals die
 Kirchenbehörde hieß, entsandte Fritz Heuner nach Werries.

Damals war die Kirchenbehörde eine staatliche Einrichtung.
Kirche und Staat waren unter dem Kaiser fast eins. Der Kaiser sah sich als oberster Bischof der Evangelischen Landeskirchen. Diese enge Verflechtung von Kirche und Staat hörte erst 1919 auf, als der Kaiser nach Holland gegangen war.

            
                     
    Paul Wittmann                Fritz Heuner

Verhängnisvoll war diese Verflechtung an einer Stelle. Die Arbeiterschaft fühlte sich anders als in England ausgegrenzt. Die Gründer der Arbeiterbewegung waren deshalb in Deutschland fast alle gegen die Kirchen gestellt.

Bei der Neueinrichtung von Stellen war die Behörde vorsichtig und langsam, wie es bei solchen Institutionen üblich ist. Viele Hürden waren zu nehmen, viele Leute hatten mitzureden, viel Papierkram war zu erledigen. Eine Behörde geht keine Risiken ein. Sie sichert sich nach allen Seiten ab.

Fritz Heuner, der erste Pastor in Werries, war später lange Jahre bis zu seiner Pensionierung der letzte Superintendent von ganz Dortmund und in den Jahren nach dem zweiten Krieg ein wichtiger Mann in der Westfälischen Landeskirche.
Der junge Hilfspastor hielt regelmäßig in der Evangelischen Schule am Alten Uentroper Weg in einem Klassenraum Gottesdienst. Alte Gemeindeglieder wussten davon noch zu erzählen. Das benützte Klassenzimmer musste immer vorher als Gottesdienstraum hergerichtet und hinterher wieder als Klassenzimmer eingeräumt werden. Männer der Gemeinde besorgten Sonntag für Sonntag in aller Treue diese Aufgabe.

Als am 1. August 1914 der Krieg ausbrach, ,,eilte der junge Pastor zu den Waffen", wie man damals sagte. Pfarrer Wittmann musste nun wieder die Gottesdienste in der Schule halten und den ganzen übrigen pastoralen Dienst selbst übernehmen.
Die Chance, eine Kirche zu bauen, war verstrichen. In der Inflation verdunstete das Geld. Das Reich hatte einen verlorenen Krieg mit den Ersparnissen seiner Bürger finanziert.

Die Jahre nach dem Krieg waren Leidensjahre. Armut und Hunger quälte die „kleinen Leute“, wie man damals sagte. Nichts war besser geworden. Der Leidensdruck war groß.
Das Kollektenbuch dieser Zeit spricht Bände. Der Gottesdienstbesuch war gut. Die Leute hatten aber kein Geld. Sonntags waren nur wenige Pfennige auf dem Teller und im Beutel.


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